Der Spielfilm „Perfect Days“ von Wim Wenders erzählt die Geschichte eines Mannes, der freiwillig sein Leben auf das Nötigste reduziert und seine Berufung darin gefunden hat, mit all seiner Aufmerksamkeit öffentliche Toiletten in Tokio zu putzen. Zudem verbringt er seine Tage mit festen Routinen, die ihm Sicherheit und Zufriedenheit geben. So kann er jeden Morgen, wenn er aus der Haustür tritt, in den Himmel schauen und glückserfüllt den Tag beginnen.
Wir haben diesen Film kurz vor unserem Abflug nach Japan gesehen und er hat uns sehr fasziniert. Ein harmonischer Film voller Poesie und nichtsdestotrotz mit vielen überraschenden Momenten.
Auch wenn unser Alltag noch wenig mit der Routine und Ausgeglichenheit von Hirayama, dem Protagonisten des Films, zu tun hat, widmen wir ihm diesen Blog. Seine Art und Weise bei allem was er tut, im Hier und Jetzt zu sein, hat uns inspiriert. Allein mit seiner Achtsamkeit erlebt und sieht er wohl viel mehr als manch eine Familie, die auf große Reise geht.
Nun ja, da wir trotz all unserer Meditationsbemühungen, noch weit entfernt von seinem Niveau an Achtsamkeit sind und auch schon alle Flüge inklusive Unterkünfte gebucht hatten, haben wir uns nun doch auf den langen Weg nach Japan gemacht. Wir hatten ja zumindest die letzten Sommermonate damit verbracht, zwar nicht die Toiletten, aber unseren Garten mit aller Aufmerksamkeit schöner zu gestalten.
So sind wir am 16. Oktober nach Narita geflogen. Unsere erste Unterkunft war ein Airbnb-Apartment in Konan-Chuo, Yokohama im Stile der japanischen 80er Jahre. Von hier aus besuchten wir in der ersten Woche Motos Verwandtschaft und trafen unter anderem auch zum ersten Mal Motos jüngste Halbschwester Yumi-chan und ihre Kinder. Wir erkundeten in dieser Zeit auch die Stadteile Futako-Tamagawa, Roppongi, Shibuya, Kamata sowie Shin-Yokohama und drehten eine E-Bike-Tour rund um Kamakura. Danach ging es mit dem Shinkansen Nozomi nach Nagoya. Hier übernachteten wir bei Motos Cousine und besuchten unter anderem den Shirotori-Garten, das Toyota Auto-Museum sowie das Gelände der Expo 2005 in Aichi. Von dort aus nutzten wir einen 5-Tages-Pass der Kintetsu-Eisenbahn-Linie und fuhren nach Osaka, Kyoto sowie Yoshino. 3 Nächte stellten wir uns dabei der Herausforderung im äußerst günstigen Hotel Sunplaza 2 Annex nahe des belebten Touristenviertels Shinsekai zu übernachten. Wieder zurück in Nagoya verabschiedeten wir Kourosh, Motos Schulfreund, der uns die ersten 2 Wochen begleitet hatte. Die Eindrücke bis zu diesem Zeitpunkt haben wir im folgenden 5-minütigen Video zusammengestellt:
Die anschließende Woche verbrachten wir bei Miho und ihrer Familie in Fukui im Rahmen eines Workaways. Dort verbrachten wir eine erlebnisreiche Zeit mit den Kindern (Natsumi, Yuka, Kayoko und Taisuke). Wir durften dabei hautnah miterleben, wie eine vollzeit-arbeitende japanische Mama gekonnt den Haushalt koordiniert und ihre lebhafte Familie umsorgt. Das war sehr beeindruckend. Wir hatten aber auch die Zeit mit unserem JR-West-All-Area-7 -Day-Railpass Tagesausflüge nach Kanazawa und nach Echizen-Ono zu machen. Zudem haben wir bei „Goldo“ ganz in der Nähe des Fukui Bahnhofs, das bisher wohl beste vegane Softeis entdeckt.
Mit einer Zwischenübernachtung im Hotel 1-2-3 in Kokura inklusive Riesenradfahrt ging es dann mit dem Northern-Kyushu-5-Day-JR-Railpass weiter nach Beppu. In dieser Küstenstadt gibt es über 3700 Thermalquellen, wovon eine sich im Hostel Onsenyado Hamayu befindet. Hier gönnten wir uns einen 10-tägigen Aufenthalt. Die Einrichtung war zwar nicht mehr auf dem neuesten Stand, aber hier konnten wir uns täglich im heißen Quell-Bad entspannen und lernten viele interessante Reisende kennen. Unter anderem Lorenzo einen jungen italienischen SUP-Lehrer, der spontan für unser neustes Musikvideo die Gitarre spielte. Am nahegelegenen Badestrand konnten wir sogar noch schwimmen gehen. Yasu hatte seinen Spaß in der hauseigenen Schießbude seine Zielgenauigkeit mit dem Korkgewehr zu üben und sich seine eigene Zuckerwatte zu drehen.
Bei Tagesausflügen bewunderten wir das Naturphänomen von zwei (Umi- und Kamado-Jigoku) der insgesamt sieben Höllenquellen, bei denen in unterschiedlichster Form und Farbe, das Wasser mit über 90 Grad aus der Erde sprudelt. Wir besuchten auch wieder die Affen auf Takasakiyama und ließen einige zwischen unseren Beinen hindurch huschen, was Glück bringen soll. Wir fuhren nach Fukuoka, um dort einen verregneten Tag im Wissenschaftsmuseum inklusive Planetariumsvorführung zu verbringen und auch nach Yufuin, wo wir bei einem heißen Fussbad, die ersten herbstlichen Rotfärbungen in den Bergen betrachteten.
Zwischenzeitlich kam dann auch am 12. November Oma Keiko nach Beppu, um mit uns die restliche Zeit in Japan zu verbringen. Nach zwei Übernachtungen im Universal Hotel Annex in Okayama inklusive Besichtigung des Korakuen-Gartens sowie Burg und eine Nacht im ABC Guest House in Izumisano sind wir dann von Osaka aus nach Bangkok geflogen. Die Eindrücke für diesen Zeitraum haben wir im folgenden 4-minütigen Musikvideo zusammengestellt:
Hatten wir nun in diesen insgesamt 5 Wochen die perfekten Tage?
Nun ja, wir haben definitiv viel erlebt. Fast täglich sind wir einen anderen Zug gefahren. Sei es ein Shinkansen (Nozomi, Sakura, Tsurugi), ein Limited Express (Thunderbird, Haruka, N’EX), oder auch Oldtimer wie den Sagano Torokko in Kyoto und den Streettrain in Okayama, unser Zugliebhaber Yasu ist voll auf seine Kosten gekommen. Einmal fuhr er sogar als einziger Passagier auf einer Mini-Lok zwei Runden im Oita Bahnhof. Entsprechend haben wir viele touristische Attraktionen besucht, was in Japan auch heißt, dass wir mit vielen verlockenden Souvenir-Läden konfrontiert wurden. So durften wir erleben, wie Yasu, mit einem großzügigen Taschengeld von seinem Großonkel Shoji (10.000 Yen, ca. 60 Euro) ausgestattet, seine ersten Shopping-Erfahrungen sammelte.
Mit der Aussage, dass er viele seiner Spielzeuge auch in Japan brauchen würde, weil er dort nichts finden würde, sind wir einst aus Deutschland u.a. mit einem Holzfeuerwehrwagen, 7 Kuscheltieren, 6 Spielzeug-Autos, Pokemon-Kartensammlung sowie 3 Bällen losgereist. Mittlerweile sind wir u.a. mit zusätzlichen 4 Kuscheltieren, 3 Spielzeugfahrzeugen, einer Wasserpistole und Luftballonpumpe in Thailand angekommen.
Yasu hat aber auch gern Bambus-Stöcke am Strand sowie rotgefärbte Blätter im Wald gesammelt, damit kreativ gebastelt, hat gemalt und viele Origami-Figuren gefaltet. Zudem konnten wir seine Holzfeuerwehr für das trocknen unserer Wäsche nutzen.
Nichtsdestotrotz dürfen wir wohl nun nüchtern konstatieren, dass unsere Reise bisher eher geprägt war von visuellen sowie materiellen Konsum-Erlebnissen. Auch kulinarisch waren wir oft damit beschäftigt über Happy Cow vegane Restaurants zu suchen, die durchaus das Erlebnis wert waren. Aber unser ursprüngliches Vorhaben, mehr in der freien Natur von Japan zu sein und mehr besinnliche Tage zu verbringen, ist uns wenig bis kaum gelungen. Wir haben zwar sehr schöne Berglandschaften gesehen, aber wir haben es nicht geschafft auch nur eine davon zu bewandern. So war dieser Japan-Aufenthalt im Prinzip eine ausgiebigere Version unserer letztjährigen Reise mit etwas mehr Ruhephasen durch die Aufenthalte in Fukui und Beppu.
So haben wir aber auch einen guten Grund für eine weitere Japanreise. Vielleicht verzichten wir dann ganz bewußt auf die zum Zügefahren verleitenden Flat-Rate-Railpässe, mieten uns nur noch Hütten tief in den Bergen oder reisen gleich mit einem Camper durch die japanische Wildnis.
Wie auch immer, wir haben insoweit unsere perfekten Tage erlebt, dass wir gemeinsam als Familie unsere Resilienz stärken durften, in dem wir uns fast täglich mit dem Ungewohnten auseinandersetzten. Sei es ein erholsamer Schlaf oder eine sättigende Mahlzeit, es war nicht immer leicht allein diesen Grundbedürfnissen gerecht zu werden. Dankbar schauen wir nun zurück auf diese außergewöhnliche Zeit, in der wir wieder viel dazulernen und uns auf die wesentlichen Tugenden wie Geduld und Genügsamkeit fokussieren durften.
Egal was wir tun, die Welt wird sich weiterdrehen. In Japan schien sie sich sogar schneller zu drehen. Mal sehen, wie das in unserem nächsten Reiseland Thailand sein wird.
Auf jeden Fall wünschen wir Euch allen eine gute Bodenhaftung auf diesem manchmal sehr trubeligen Karussell des Lebens und dass ihr immer wieder Euren eigenen (Familien-)Weg finden möget! 🙂
Liebe Grüße aus Rayong, wo wir heute den 6. Geburtstag von Yasu feiern! 😁🥳🎂
Familie Watanabe (Lisa, Yasu und Moto)
P.S.: Hier noch ein paar Fotos von der Reise!

































Wow toll vielen Dank. Die Zeiten von „Lost in Translation“ scheinen vorbei zu sein. Zumindest habe ich in eurem Filmchen ein paar Buchstaben auf den Schildern entziffern können. Ach ja zu mir.. Ich heiße Michael. Wir haben uns in Eberstadt auf dem Prinzenberg gesehen. Das muss so 2 Jahre her gewesen sein. Ich kam mit dem Fahrrad und ihr hattet mit ein paar Freunden ein wenig gefeiert oder ein Treffen gehabt Wir hattenunseinwenigunterhalten. So kamichzu diesemNewsletter… Das war ein toller Bericht über Japan von euch. Ich will da auch schon lange hin. Mich interessiert u.a. die Blue Zone Okinawa.. so long. Eine gute Zeit euch. Michael
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Lieber Michael, ah, ja, wir erinnern uns! Haha, naja so ganz unkompliziert ist es immer noch nicht mit der Kommunikation in Japan, aber so richtig verlieren kann man sich da wirklich nicht mehr. Wenn es dann soweit ist mit Deiner Japanreise, kannst Du Dich gern bei uns melden! Wir hätten da bestimmt noch ein paar gute Tipps! Vielen Dank für die lieben Worte! 🙂
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Ihr Lieben,
danke für die Eindrücke und die schönen Fotos!
Ich wünsch Euch eine sonnige und vielleicht auch ruhigere Zeit in Thailand – ganz so wie es für Euch gut ist.
Herzlich Grüße
Jürgen
Bitte nehmt gerne meine zweite Mailadresse in den Verteiler, die lese ich regelmäßiger. 🙂
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Vielen lieben Dank für das Feedback! Email wurde aktualisiert! 🙂
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