Keep up the flow – ADLK

ADLK ist die Abkürzung für Auslandsschuldienstlehrkraft. ADLKs unterrichten für mindestens 3 Jahre an einer Deutschen Schule irgendwo im Ausland. Wir fanden dieses Konzept für verbeamtete Lehrkräfte so ansprechend, dass Moto Anfang des Jahres alle notwendigen Formalitäten erfüllte, um in die Bewerberdatenbank der zuständigen Zentralstelle für das Auslandsschulwesen aufgenommen zu werden.

Am 28. August 2025 kam dann langersehnt die erste Anfrage per E-mail. Ein Verantwortlicher aus Istanbul suchte eine Lehrkraft, der seinen hochbegabten türkischen Jugendlichen ab der 8. Klasse Mathematik unterrichten konnte, damit diese das deutsche Abitur erlangen können. Das Angebot klang so verlockend, daß wir beschlossen, in den Herbstferien für eine Woche dorthin zu fliegen, um uns alles genau anzuschauen. Diese dichtbesiedelte Metropole am Bosporus mit über 15 Millionen Einwohnern ist wahrlich beeindruckend. Für die ersten vier Nächte mieteten wir uns eine Wohnung im Stadtteil Sisly. Von hier aus besuchten wir das Istanbul Erkek Lisesi, wo Moto unterrichten sollte und die deutsche Botschaftsschule, in der Yasu seine Grundschulzeit verbringen würde. Beide Schulen haben uns sehr gut gefallen. Wir wurden sehr  herzlich von der jeweiligen Schulleitung sowie vom Kollegium empfangen. Die Lern-/Lehrbedingungen wären hervorragend für Yasu und Moto gewesen. 

Die weiteren Tage versuchten wir soviel wie möglich von Istanbul zu sehen. So schlenderten wir durch den Gewürzbasar im Eminönü, fuhren mit der nostalgischen Standseilbahn „Tünel“ von Galata bis Beyoglu und flanierten durch die Einkaufsstraße Istiklal in Taksim, wo Yasu ein besonders exklusives Kugel Dondurma-Erdbeer-Eis für umgerechnet 6 Euro verköstigen durfte. Das Eis an sich war zwar nichts Besonderes, dafür hatten wir bei der dazugehörigen trickreichen Show des Eisverkäufers unseren Spaß. Des weiteren besuchten wir das Geschäft und Restaurant von „Vegan Dükkan“ und deckten uns beim Bio-Wochenmarkt in Feriköy mit allerlei Frischkost ein.

Von Fikirtepe, wo wir die letzten drei Nächte übernachteten, unternahmen wir weitere Ausflüge nach Yesilyurt, Kadiköy sowie Besiktas und schauten uns potentielle Wohnorte für uns an. Wir spielten Fussball mit einem einheimischen Vater und seinem Sohn an der Strandpromenade von Zeytinburnu und ruhten uns im weitläufigen Yildiz-Park aus.

Im „Etique Plant-based“ verwöhnten wir uns mit verschiedenen Sorten an Croissants sowie anderen leckeren französischen Backwaren und im „Veganarsist“ speisten wir traditionell türkische Gerichte. Am letzten Abend hatten wir es auch noch geschafft die Hagia Sophia und die Blaue Moschee zumindest von aussen zu bewundern. Mit ganz vielen Eindrücken und einem gut gewürzten Cigköftem als Reiseproviant, kehrten wir wieder zurück nach Offenbach.

In dieser einen Woche waren wir mehrmals auf (mit Fähre) und unter dem Bosporus (Marmaray Metro) zwischen Europa und Asien hin- und hergereist. Wir sind kilometerweit mit öffentlichen Bussen, Straßenbahnen und Taxis in der gefühlt durchgängigen Rush Hour von Stadtteil zu Stadtteil gefahren. Zudem haben wir aber auch weite Wege auf minimalistischen Bürgersteigen zu Fuss bewältigt. Fast überall begegneten wir dabei sanftmütigen Katzen, die in dieser reizüberflutenden Stadt eine wohltuende Gelassenheit ausstrahlten. Aber auch die Menschen wirkten, trotz aller Geschäftigkeit, recht entspannt und zufrieden. Es würde sicherlich eine gewisse Eingewöhnungszeit brauchen, aber warum sollten nicht auch wir eine bereichernde Auslandszeit als Familie an diesem historisch und kulturell äußerst spannenden Ort erleben?

Nach unserer Heimkehr hatten wir noch über zwei Wochen Zeit uns mit dieser Frage auseinanderzusetzen, bevor wir eine endgültige Antwort geben sollten. Es war wohl die bisher schwierigste Entscheidung, die wir als Familie treffen durften. Letztendlich konnten wir zu keiner Zeit ein klares Ja aussprechen. Vielleicht war Istanbul doch noch ein/zwei Nummern zu groß für uns gewesen. Es gab ja auch noch die Möglichkeit, dass Moto eine Anstellung in einer etwas kleineren Großstadt angeboten bekommen würde. Etwas wehmütig waren wir dann schon, nachdem wir dem sehr netten Verantwortlichen aus Istanbul telefonisch mitgeteilt hatten, das wir das Angebot nicht annehmen würden.

Aber so ist das mit den Entscheidungen. Es gab auch Zeiten bei uns, wo wir spontaner waren. So wie damals, als wir ohne viel nachzudenken ein Ackergrundstück und eine gebrauchte Jurte kauften, welche uns schon zu Beginn vor große Herausforderungen stellten. Rückblickend können wir trotz aller Widrigkeiten sagen, dass diese Kaufentscheidungen für unsere Persönlichkeitsentwicklung und unseren Familienzusammenhalt genau richtig waren. Wir haben sehr viele schöne Momente auf dem Grundstück und in unserer Jurte erlebt.

Nichtsdestotrotz waren wir diesmal mit Istanbul nicht so wagemutig. Nun hoffen wir, dass tatsächlich ein Angebot kommt, welches noch besser zu uns passt. Bis dahin und darüber hinaus wollen wir weiterhin eine schöne Zeit in Offenbach verbringen. Hier fühlen wir uns wohl. Yasus Schule gewährt ihm all die nötigen  Freiheiten, damit er seine Freude am Lernen behalten kann und ist nur 5 Minuten Fussweg von uns entfernt. Lisa kann voll und ganz Mutter als auch Frau sein und uns mit ihrer weiblichen Energie bereichern. Und Moto kann nach unserem sehr erkenntnisreichen Sabbatjahr seinen Lehrerberuf viel wirksamer und mit mehr Elan ausüben.

Wir können so ziemlich all unsere liebsten Einkaufsläden und Freizeitstätten mit dem Fahrrad erreichen. Wir haben ein tolles Gartengrundstück, welches weitergestaltet werden kann, aber nicht muss. Wir leben in einer schönen großen Wohnung mit einer ruhigen familienfreundlichen Umgebung unweit vom Main. All die Menschen mit denen wir im Alltag zu tun haben, sind uns freundlich gesinnt. Kontinuierlich üben wir uns darin, achtsam im „Flow“ zu sein, indem wir uns geistig und körperlich fit halten. Die angesagtesten Aktivitäten sind dabei derzeit bei uns Hot Yoga, Fussball, Schach, Töpfern, Meditation und Türkisch lernen. Täglich können wir dankbar sein für alles, was uns im Leben bereits gegeben wurde. Wie hat Pumuckl, unser derzeit liebster Kobold so schön weise formuliert? „Glück findet man meistens dort, wo man sitzt!“ 

So singen wir weiter unsere Lieder von einem erfüllten Familiendasein, produzieren ab und an mal ein Musikvideo, schreiben unsere Blogs und lassen uns vom Leben überraschen. ADLK kann ja auch bedeuten, einfach Achtsam, Dankbar, Liebevoll und Kreativ zu bleiben. 🙂

Aber wer weiß von welchen Auslandserlebnissen wir beim nächsten Mal berichten werden?

Auch wenn wir derzeit keine großen Parties veranstalten, denken wir immer wieder an diejenigen, die gern mit uns feiern. Wir wünschen ihnen weiterhin, dass sie alle gut mit den vielen kleinen und großen Herausforderungen des Lebens zurechtkommen und so wie wir, immer wieder erkennen können, wie wichtig diese für die persönliche Weiterentwicklung sind. Mögen weiterhin der Mut, das Vertrauen und die Zuversicht Eure treuen Freunde sein!

Mit ganz lieben Grüßen aus Bürgel,

Eure Familie Watanabe

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