Yuji, ein japanischer Unternehmer, war nicht nur geschäftlich sehr produktiv. Seine Ehefrau beglückte ihn mit drei Söhnen und drei Töchtern, die auch noch in abwechselnder Reihenfolge (zuerst ein Junge, dann ein Mädchen, dann wieder ein Junge usw.) geboren wurden. Warum Yuji sich dann trotz dieses Kindersegens entschloß eine Affäre mit einer anderen Frau einzugehen und mit ihr noch ein Kind zu zeugen, weiß keiner so genau. Er ist bereits 1989 mit 53 Jahren verstorben.
Nun ja, dieses 7. Kind, das heute vor 50 Jahren geboren wurde, ist Moto. Die Geburt fand auf den Philippinen statt. Das hatte Yuji so arrangiert, um Motos Mutter Keiko vor all dem Trubel zu bewahren, welchen so eine außereheliche Geburt im damals noch recht konservativen Japan mit sich gebracht hätte. So wurden Mutter und Kind von ganz lieben philippinischen Helferinnen umsorgt und konnten nach einem Jahr gut erholt nach Japan zurückkehren, wo sie ganz herzlich von Familie und Freunden empfangen wurden. Keiko und Yuji beendeten kurz darauf ihre Beziehung, nachdem Yuji aufgrund der damaligen Ölkrise in finanzielle Nöte geraten war.
Etwas später lernte Keiko den deutschen Weltenbummler Werner kennen. Sie heirateten in ganz traditionellen Kimonos und 1976 wurde dann Motos Halbbruder Muzius geboren. Wegen Unstimmigkeiten trennte sich das Ehepaar allerdings bereits nach 2 Jahren. Werner verließ Japan und nahm Muzius mit. Keiko sah ihr zweites Kind erst nach vier Jahren wieder, als sie mit Werner in Deutschland einen zweiten Versuch unternahmen, um ihre Ehe zu retten. Dieser ging aber erneut schief, so dass Keiko und Moto sich 1980 plötzlich in einem Frankfurter Frauenhaus wiederfanden. Es folgte die Scheidung. Das Sorgerecht für Muzius wurde Werner zugesprochen, der bald darauf wieder mit seinem Sohn verschwand. Keiko lernte wiederum ihren zweiten Ehemann Norbert im romantischen Heidelberg kennen und lieben. So kam es, daß Moto seit seinem sechsten Lebensjahr wieder als Einzelkind in Deutschland aufwuchs.
Konntet ihr soweit folgen?
Trotz oder vielleicht sogar wegen all dieser familären Wirrungen erlebte Moto eine abwechslungsreiche erfüllende Kindheit, in der er von vielen lieben Menschen gefordert und gefördert wurde. Zudem durfte er nun in diesem Sommer, aufgrund seines wildverzweigten Familienbaums, ein Geschwistertreffen der besonderen Art erleben. Bisher hatte Moto bei seinen Geschwistern nur Kontakt zu seinen zwei ältesten Halbbrüdern Kiyohito und Yoshinobu sowie zu seinem jüngeren Halbbruder Muzius. Am 6. August 2024 durfte er nun zum ersten Mal eine seiner drei älteren Halbschwestern kennenlernen.
Yoshimi ist die zweitälteste Tochter von Yuji und bezeichnet sich selbst als Sonderling der Familie. Sie studierte Kunst in New York, wo sie ihrem künftigen Eheman Jason begegnete. Gemeinsam bauten sie ein Haus in den Wäldern von Oregon, wo sie ihre beiden Söhne großzogen. Mit viel Fürsorge und Liebe entschieden sich die beiden Eltern dafür, mit anderen Familien aus der Umgebung gemeinschaftlich eine ganzheitliche Lernbegleitung für ihre Zöglinge unabhängig vom amerikanischen Schulsystem zu gestalten. Der Ältere, Konoha, studiert mittlerweile Molekularbiologie in Colorado. Sein jüngerer Bruder Biwa arbeitet derzeit als Schwimm- und Skilehrer für Kinder und ist ein begeisterter Kletterer.
Konoha verdanken wir nun, daß sie uns erstmals nach so langer Zeit von so weit her besuchen kamen. Als Teenager bewarb er sich für einen Schüleraustausch. Nachdem sein Erstwunsch Schweden nicht erfüllt wurde, entschied er sich für Deutschland. Hier gefiel es ihm so gut, dass er dieses Jahr für ein Auslandssemester in Regensburg, wiederkam. Dies zum Anlass entschieden sich seine Eltern den gemeinsamen Familienurlaub erstmals in Deutschland zu verbringen. So entstanden plötzlich ungeplant die optimalen Voraussetzungen für das allererste Treffen von Moto mit seiner Halbschwester Yoshimi, zumal diese ausgerechnet den Flug mitten in den hessischen Sommerferien direkt nach Frankfurt, unweit von unserem Zuhause gebucht hatte. Den noch nötigen Erstkontakt, vermittelte dann Yoshinobu, der zweitälteste Halbbruder, der Moto die E-Mailadresse von Yoshimi schickte, als er von den Reiseplanungen seiner Schwester erfuhr.
So aufgeregt und gespannt war Moto schon lange nicht mehr vor einem Treffen. Das letzte Mal war das, als er 1994 gemeinsam mit Keiko ihren zweiten Sohn Muzius, also seinen Halbbruder, nach fast 10 Jahren wieder traf. Wie damals, war die Freude und Erleichterung dann riesig, als sich alle zur Begrüßung einfach umarmen konnten. Es folgten drei wunderbar intensive Tage mit der liebevollen Familie aus Oregon, voller überraschender Momente der Vertrautheit und des gegenseitigen Verständnisses inklusive Sight-Seeing, Bouldern, Musizieren und Strandspielen. Möglicherweise haben wir nun mit den USA ein weiteres Reiseziel für unser Sabbatjahr.
Ja, mit den Sommerferien hat das Sabbatjahr angefangen und wir lassen es uns gut gehen. Nachdem wir uns erneut mit Frischkost bei Zeltfreizeiten im Odenwald und in Berndroth unser Immunsystem geboostert hatten, genießen wir nun die stundenplanfreien Tage bei uns in Bürgel. Sei es jonglieren, Hacky-Sack oder Federball spielen mit den Nachbarskindern im Hof, Brettspielabende in der Wohnung, Fahrradausflüge zum Main-Strand oder die Weitergestaltung unseres Gartens, unverplant sind wir doch gut beschäftigt.
Mit unserem neusten Musikvideo zeigen wir euch einige Impressionen unserer letzten Aktivitäten:
Desweiteren freuen wir uns immer wieder über Besuche. Sei es wanderlustige Päarchen, freilernende Camper-Familien oder alte Freunde, die Welt ist voller interessanter Menschen. Wir lieben die ungezwungene Verbundenheit, die wir mit all unseren Gästen teilen können.
Voller Dankbarkeit schaut Moto nun auf seine 50 Erdenjahre zurück, in denen ihm von so vielen lieben Menschen in vielerlei Sinne geholfen wurde. So schaffte er es mit seiner Schule vor kurzem auch, mit zwei Projekten jeweils den 1. Platz beim Nachhaltigkeitspreis Hanau zu erreichen, bei dem ihn viele seiner Freunde und Familienmitglieder mit ihrer Stimme unterstützt hatten.
Auch deshalb laden wir für das kommende Wochenende alle zu uns in den Garten ein, bevor wir uns Mitte Oktober für 2 Monate nach Japan und Thailand verabschieden. Wir gehen dann zwar nicht wie ein Komet, der zweimal einschlägt, aber zumindest wollten wir noch mal ordentlich aufdrehen und mit allen feiern. Wir freuen uns dann viele zu sehen, mit denen wir uns verbunden fühlen, egal wie lange wir uns nicht mehr gesehen oder gar von einander gehört haben.
Unser derzeitiger Mentor Dr. Joe Dispenza sowie die letzten Erlebnisse haben uns wieder daran erinnert, daß egal was wir in der Vergangenheit bis hin zur frühsten Kindheit erfahren haben, es nichts gibt, was uns vom Glücksein abhalten kann. Mit den entsprechenden Bewusstsein, bei denen Meditationspraktiken sehr hilfreich sind, können wir jede Unstimmigkeit im Leben, sei sie noch so tragisch, zu einem Umstand umkreieren, welcher uns ermöglicht die wundervollsten Ereignisse und Begegnungen zu erleben.
Dennoch bemühen wir uns stets, liebevolle Eltern zu sein und Yasus Kindheit so friedvoll wie möglich zu gestalten. Auch wenn das dazu führen könnte, das er ein Rockstar wie Udo Lindenberg werden muss, damit er sich auch in Zukunft all die Dienstleistungen, die er derzeit von uns beansprucht, wie etwa Zu-Bett-getragen-werden, Zähne-geputzt-bekommen, Individuell-bekocht-werden, Aufräum- sowie Haar-Kämm-Service oder die Lizenz-zum-Chaos-und-Quatsch-machen, leisten kann. Aber vielleicht reicht es ja auch, wenn er dann irgendwann wie der Altrocker sagen kann: „Ich bin von Beruf Yasu Watanabe. Meinen Job gibt es nur einmal auf der Welt!“
Im diesen Sinne schicken wir euch allen, die ihr jeder für sich so einmalig und einzigartig seid, unsere liebsten Grüße und wünschen Euch viel Freude und Spaß dabei, ihr selbst zu sein! 🙂
Eure Familie Watanabe (Lisa, Yasu und Moto)
